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Das Aktuelle aus Steuern und Wirtschaft - Ausgabe November 2021

Unternehmer

Statistisches Bundesamt: Offenkundig sinkende Unternehmensinsolvenzen

Nach neuen Berechnungen des Statistischen Bundesamts (Destatis) haben die deutschen Amtsgerichte im Mai 2021 insgesamt 1.116 beantragte Unternehmensinsolvenzen gemeldet. Das waren 25,8 % weniger als im Mai 2020. Der rückläufige Trend bei den Unternehmensinsolvenzen der vorangegangenen Monate setzt sich damit fort. Bis Ende 2020 war die Insolvenzantragspflicht für überschuldete Unternehmen ausgesetzt. Gleiches galt bis Ende April 2021 für Unternehmen, bei denen die Auszahlung der seit dem 01.11.2020 vorgesehenen staatlichen Hilfe­leistungen noch ausstand. Für diese Unternehmen wurde die Pflicht zur Beantragung eines Insolvenzverfahrens erst zum 01.05.2021 wieder vollumfänglich eingesetzt. In den statistischen Zahlen für Mai ist noch keine Zunahme der Insolvenzen erkennbar, was jedoch auch an der Bearbeitungszeit bei den Gerichten liegen kann. Es bleibt daher abzuwarten, ob sich in späteren Monaten eine signifikante Erhöhung ergibt.

Die meisten Unternehmensinsolvenzen gab es im Mai 2021 im Baugewerbe mit 180 Fällen (Mai 2020: 235 Insolvenzen, –23,4 %). Im Handel waren es 168 Verfahren (Mai 2020: 247 Insolvenzen, –32,0 %). Im Bereich der
sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen wurden 133 Insolvenzen gemeldet (Mai 2020: 137 Insolvenzen,
–2,9 %).

Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger aus beantragten Unternehmensinsolvenzen bezifferten die Amtsgerichte für Mai 2021 auf rund 7,0 Mrd. €. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres hatten sie nur bei knapp 3,1 Mrd. € gelegen. Dieser Anstieg der Forderungen bei gleichzeitigem Rückgang der Zahl der Unternehmens­insolvenzen ist darauf zurückzuführen, dass im Mai 2021 mehr wirtschaftlich bedeutende Unternehmen Insolvenz beantragt hatten als im Mai 2020.

Bei den Regelinsolvenzverfahren zeichnete sich in den letzten Monaten eine Stagnation ab. Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen ist im Mai 2021 im Vergleich zum Vorjahresmonat erneut deutlich angestiegen: 6.159 Verbraucher stellten einen Insolvenzantrag, das waren 42,1 % mehr als im Mai 2020. Den starken Anstieg führen die Statistiker auf ein Gesetz zur schrittweisen Verkürzung von Restschuldbefreiungsverfahren von sechs auf drei Jahre zurück. Diese Neuregelung gilt für ab dem 01.10.2020 beantragte Verbraucherinsolvenzverfahren. Sie ermöglicht den Betroffenen einen schnelleren wirtschaftlichen Neuanfang im Anschluss an ein Insolvenzverfahren. Es ist daher davon auszugehen, dass viele überschuldete Privatpersonen ihren Insolvenzantrag zunächst zurückhielten, um von der Neuregelung zu profitieren.

Rechteüberlassung: Finanzverwaltung verlängert Vereinfachungsregelung

Bereits im Februar 2021 hatte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) eine Abstandnahme vom Steuer­abzug für beschränkt steuerpflichtige Vergütungen zugelassen, die für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten gezahlt werden. Diese Vereinfachungsregelung erfasste zunächst nur Vergütungen, die bis zum 30.09.2021 flossen.

Hinweis: Voraussetzung für die Abstandnahme vom Steuerabzug ist demnach unter anderem, dass der Vergütungsschuldner im Inland weder einen Wohnsitz, einen gewöhnlichen Aufenthalt, eine Geschäftsleitung noch einen Sitz hat. Der Vergütungsgläubiger muss zudem in einem Staat ansässig sein, mit dem Deutschland ein anwendbares Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat. Weitere Voraussetzung ist, dass beim Bundeszentral­amt für Steuern (BZSt) bis zum 31.12.2021 ein Antrag auf Freistellung vom Steuerabzug gestellt wird.

In einem neuen Schreiben hat das BMF erklärt, dass die Vereinfachungsregelung für Fälle zeitlich befristeter Rechte­überlassungen nun auch für Vergütungen in Anspruch genommen werden kann, die dem Vergütungs­gläubiger nach dem 30.09.2021, jedoch vor dem 01.07.2022 zufließen. Die im BMF-Schreiben aus dem Februar 2021 formulierten Voraussetzungen müssen für die Abstandnahme vom Steuerabzug nach wie vor erfüllt werden.

Hinweis: Für sämtliche vor dem 01.07.2022 zufließenden Vergütungen muss der Antrag auf Freistellung vom Steuerabzug nun bis zum 30.06.2022 beim BZSt gestellt werden.

Flüchtlingsunterkünfte: BFH stellt Umsatzsteuerbefreiung fest

In einem neuen Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass der Betrieb von Flüchtlingsunterkünften durch eine GmbH von der Umsatzsteuer befreit ist. Gleiches gilt auch für den Betrieb einer kommunalen Ob­dach­losenunterkunft.

Im Urteilsfall betrieb die klagende GmbH eine Vielzahl von Unterbringungseinrichtungen für Flüchtlinge, Aussiedler und Obdachlose, darunter Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge in kommunaler Trägerschaft, Erstaufnahme­einrichtungen verschiedener Bundesländer und eine städtische Obdachlosenunterkunft. Die GmbH verantwortete in der Regel die Ausstattung der jeweiligen Unterkunft, deren Reinigung und personelle Besetzung sowie die soziale Betreuung der untergebrachten Personen. Das Finanzamt behandelte die Umsätze aus dem Betrieb der Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünfte als umsatzsteuerpflichtig.

Der BFH leitete jedoch eine Steuerbefreiung der Umsätze direkt aus dem Europarecht ab. Demnach sind eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen steuerfrei, wenn sie von Einrichtungen erbracht werden, die der betreffende Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannt hat. Diese Voraussetzung war hier gegeben. Denn die GmbH war als Einrichtung mit (im Wesentlichen) sozialem Charakter anerkannt, insbesondere weil die Übernahme des Betriebs von Flüchtlingsunterkünften durch private Dritte in verschiedenen Bundesländern durch spezifische Vorschriften geregelt ist. Für den BFH war hierbei unerheblich, dass die GmbH ihre Leistungen nicht unmittelbar gegenüber den Flüchtlingen und Obdachlosen, sondern gegenüber den Trägern der Unterkünfte (den Ländern und Kommunen) erbrachte.

Bei dem Betrieb der Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünfte handelte es sich zudem um eng mit der Sozial­fürsorge oder der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen, die für die Unterbringung der Flüchtlinge und Obdachlosen unerlässlich sind, da die in den Unterkünften aufgenommenen Menschen wirtschaftlich hilfsbedürftig sind. Sie gehören damit zum begünstigten Personenkreis. Für die Umsatzsteuerbefreiung unerheblich war nach Auffassung des Gerichts hingegen insbesondere die asylrechtliche Funktion der Flüchtlingsunterkünfte und der mit einer Obdachlosenunterkunft verfolgte Zweck der Gefahrenabwehr.

Hinweis: Der BFH konnte über die Klage nicht abschließend entscheiden und verwies die Sache zurück an das Finanzgericht (FG), da die GmbH neben dem Betrieb der Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünfte noch weitere Umsätze getätigt hatte, zu denen noch Feststellungen des FG nachzuholen waren.

Hausbesitzer

Grundsteuer: In NRW zahlen die Bürger am meisten

Nach einer deutschlandweiten Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young hat im Jahr 2020 bundesweit jede zehnte Kommune die Grundsteuer erhöht. Die Bürger in Nordrhein-Westfalen zahlten dabei im vergangenen Jahr im Durchschnitt eine Grundsteuer in Höhe von 212 € und wiesen damit die höchste Steuerbelastung auf (ausgenommen die Stadtstaaten), während die Grundbesitzer in Bayern im Durchschnitt nur mit 139 € belastet wurden. Am wenigsten zahlten im vergangenen Jahr die Bürger in Brandenburg und Sachsen-Anhalt, die im Durchschnitt gerade einmal mit 108 € bzw. 111 € zur Kasse gebeten wurden. Bundesweit lag der Durchschnitts­betrag bei 172 €.

Die regionalen Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern haben sich in den vergangenen Jahren zudem deutlich vergrößert: So stieg seit 2015 der durchschnittliche Grundsteuerhebesatz im Saarland um 25 %. Hier erhöhten 92 % der Kommunen die Grundsteuer. In Hessen waren 69 % der Städte und Gemeinden betroffen, der durchschnittliche Hebesatz kletterte um 19 %. In Nordrhein-Westfalen erhöhten 65 % der Kommunen die Grundsteuer, was zu einem durchschnittlichen Anstieg um 11 % führte. Kaum zusätzlich belastet wurden hingegen die Bürger in Bayern, Thüringen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen, wo die jeweiligen Durchschnitts­sätze seit 2015 um höchstens 3 % stiegen.

Im bundesweiten Vergleich wies Ende 2020 die hessische Gemeinde Lautertal mit 1.050 % den höchsten Grundsteuer-Hebesatz auf, gefolgt von den hessischen Kommunen Offenbach am Main (995 %) sowie Nauheim (nicht die Kurstadt Bad Nauheim) und Ringgau (jeweils 960 %). Von den 50 deutschen Kommunen mit den höchsten Hebesätzen liegen 32 in Nordrhein-Westfalen und 18 in Hessen.

Hinweis: Nach wie vor ist ungewiss, wie sich die bevorstehende Grundsteuerreform auf die Einnahmensituation der einzelnen Kommunen auswirken wird, auch wenn der politische Konsens besteht, dass es insgesamt nicht zu einer Mehrbelastung der Bürger kommen soll. Das Ende 2019 beschlossene Modell sieht für die Länder die Möglichkeit vor, von der bundeseinheitlichen Vorgehensweise abzuweichen, was einige Länder tun werden oder bereits getan haben.

Handwerkerleistungen: Sind Kosten für Straßenbau steuerlich absetzbar?

Wer Handwerker in seinem Privathaushalt beschäftigt, kann die anfallenden Lohnkosten mit 20 %, höchstens 1.200 € pro Jahr, von seiner tariflichen Einkommensteuer abziehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanz­hofs (BFH) können die Kosten einer Straßenerschließung jedoch nicht als Handwerkerleistung geltend gemacht werden. Der BFH erklärte zwar, dass auch die öffentliche Hand steuerbegünstigte Handwerkerleistungen erbringen kann, verwehrte den Kostenabzug aber mit dem Argument, dass die Erschließung einer öffentlichen Straße nicht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Privathaushalt steht. Ausdrücklich erfasst der Steuerbonus für Handwerkerleistungen aber nur solche Leistungen, die in einem Privathaushalt erbracht werden. Nach Auffassung des Gerichts können Leistungen des allgemeinen Straßenbaus nicht als im Haushalt erbracht angesehen werden, da die Leistungen nicht nur dem einzelnen Grundstückseigentümer, sondern allen Nutzern der Straße zugutekommen. Dass der Straßenbau für den Grundstückseigentümer wirtschaftlich vorteilhaft ist, spielt dabei keine Rolle.

Hinweis: Anders ist der Fall bei Pflaster- bzw. Bauarbeiten auf dem eigenen Grundstück gelagert. Wird beispiels­weise die eigene Hofeinfahrt oder eine nicht öffentlich genutzte Grundstückszufahrt gepflastert oder eine Garten­mauer errichtet, lassen sich die Lohnkosten sehr wohl als Handwerkerleistungen absetzen.

Kein Gestaltungsmissbrauch: Grundstücksschenkung an Kinder

Wenn Immobilien des Privatvermögens innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist an- und wieder verkauft werden, muss der Wertzuwachs grundsätzlich als privater Veräußerungsgewinn versteuert werden. Die Spekulationsfrist berechnet sich ab dem Tag der Anschaffung der Immobilie. Wird eine Immobilie unentgeltlich erworben (z.B. durch Schenkung), ist für den Fristbeginn das Datum maßgeblich, an dem der Rechtsvorgänger (Schenker) das Objekt erworben hat. Der Rechtsnachfolger (Beschenkte) tritt mit dem Erwerb also in eine bereits laufende Spekulationsfrist ein.

Um einen Verkauf innerhalb der Spekulationsfrist möglichst „steuerschonend“ abzuwickeln, werden in der Praxis immer wieder verschiedene Gestaltungsmodelle umgesetzt, darunter die Schenkung von Immobilien an die Kinder kurz vor dem Weiterverkauf der Immobilien. Der Effekt: Statt dass der Schenker den anfallenden Veräußerungs­gewinn komplett selbst versteuern muss, lagert er die Gewinne auf seine beschenkten Kinder aus, die jeweils nur ihren Anteil am Gewinn versteuern müssen und womöglich aufgrund ihrer (geringeren oder nichtvorhandenen) übrigen Einkünfte einem geringeren Steuerzugriff ausgesetzt sind.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass diese „Gewinnverlagerung“ vom Finanzamt anerkannt werden muss und keinen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch darstellt. Im zugrundeliegenden Fall hatte eine Mutter ihren beiden Kindern ein Grundstück (mit laufender Spekulationsfrist) geschenkt. Noch am selben Tag verkauften die Kinder das Grundstück weiter. Die Verkaufsverhandlungen mit dem Käufer hatte die Mutter geführt. Das zuständige Finanzamt nahm einen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch an und setzte den entstandenen privaten Veräußerungsgewinn von 97.591 € in voller Höhe im Einkommensteuerbescheid der Mutter an. Der BFH urteilte jedoch, dass der Gewinn den Kindern jeweils hälftig zuzurechnen war, da sie das Grundstück veräußert hatten und nicht die Mutter. Für die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs war nach Gerichtsmeinung kein Raum, da im Einkommensteuergesetz für den hier vorliegenden Fall einer unentgeltlichen Übertragung bereits eine spezielle Missbrauchsverhinderungsvorschrift existiert.

Das Gesetz sieht vor, dass bei einem unentgeltlichen Erwerb die Anschaffung durch den Rechtsvorgänger (Schenker) maßgeblich ist. Der Rechtsnachfolger muss also in eine laufende Spekulationsfrist eintreten und beim Verkauf innerhalb dieser Frist einen Gewinn versteuern. Die Vorschrift bezweckt also, dass die Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft durch eine Schenkung nicht umgangen werden kann.

Kapitalanleger

Wertpapierleihe: Grundsätze zur wirtschaftlichen Zurechnung im Fokus

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur sogenannten Wertpapierleihe kann das wirtschaftliche Eigen­tum bei zivilrechtlich an den Entleiher übereigneten Aktien ausnahmsweise beim Verleiher verbleiben, wenn dem Entleiher lediglich eine formale zivilrechtliche Rechtsposition zukommt. Das Bundesministerium der Finanzen hat diese aus 2015 stammenden Urteilsgrundsätze in einem neuen Schreiben aufgegriffen und darin die Verwaltungssicht auf die wirtschaftliche Zurechnung von Wertpapieren ausführlich dargestellt. Die wichtigsten Aussagen im Überblick:

Die Wertpapierleihe ist ein Sachdarlehen, bei dem sich der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer eine vereinbarte vertretbare Sache zu überlassen. Es gilt der Grundsatz, dass dem Darlehensnehmer (als zivilrechtlichem Eigentümer) die Wertpapiere auch wirtschaftlich zuzurechnen sind. Hierfür muss er die „tatsächliche Herrschaft“ über die Papiere ausüben. Das heißt, er muss den Darlehensgeber für die gewöhnliche Nutzungs­dauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut (die Wertpapiere) ausschließen können.

Hinweis: Das wirtschaftliche Eigentum an Aktien wird vom Darlehensnehmer erlangt, sobald er nach dem Willen der Vertragspartner über die Wertpapiere verfügen kann. Maßgeblich ist hierfür in der Regel der Zeitpunkt, in dem Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten übergehen.

Die wirtschaftliche Zurechnung entliehener Wertpapiere kann ausnahmsweise beim Darlehensgeber verbleiben, wenn die Wertpapiere nur über einen kurzen Zeitraum (unter 45 Tagen) über den Dividendenstichtag hinaus übertragen werden oder die Eigentümerposition des Darlehensnehmers lediglich rein formal ist. Wann von einer ledig­lich formalen Eigentümerposition des Darlehensnehmers auszugehen ist, entscheidet sich nach einer Gesamt­schau der Verhältnisse. Gegen eine wirtschaftliche Zurechnung der Papiere beim Darlehensnehmer spricht bei­spiels­weise, wenn sich das Gesamtentgelt nach dem erzielbaren Steuervorteil bemisst, dem Darlehensnehmer kein Liquiditätsvorteil erwächst oder er in einer schwachen Rechtsposition ist.

Erfolgt die wirtschaftliche Zurechnung der Papiere beim Darlehensnehmer, so ist ihm mit der zivilrechtlichen Eigentumsübertragung die Darlehensvaluta steuerlich zuzurechnen. Beim Darlehensgeber tritt an die Stelle der Wertpapiere eine Forderung (auf Lieferung von Wertpapieren gleicher Art, Güte und Menge), die mit dem Buchwert der hingegebenen Wertpapiere anzusetzen ist. Die gegebenenfalls in den Aktien enthaltenen stillen Reserven lösen keine Gewinnrealisierung aus.

Erfolgt die wirtschaftliche Zurechnung der Papiere beim Darlehensgeber, müssen die Wertpapiere ununterbrochen in der Bilanz des Darlehensgebers ausgewiesen werden. Die Dividende ist wirtschaftlich dem Darlehensgeber zuzurechnen und bei diesem zu besteuern.

Cum/Cum-Transaktionen: Finanzverwaltung zum wirtschaftlichen Eigentum

Nach der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung zur sogenannten Wertpapierleihe kann das wirtschaftliche Eigentum bei zivilrechtlich an einen Entleiher übereigneten Aktien ausnahmsweise beim Verleiher der Aktien verbleiben, wenn dem Entleiher lediglich eine formale zivilrechtliche Rechtsposition zukommt.

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat die Urteilsgrundsätze mit Schreiben vom 09.07.2021 aufgegriffen und die Verwaltungssicht auf die wirtschaftliche Zurechnung von Wertpapieren dargestellt. Flankierend hat das BMF auch seine Aussagen zur materiell-rechtlichen Behandlung sogenannter Cum/Cum-Transaktionen angepasst. Bei Cum/Cum-Transaktionen handelt es sich um Kombinationen von Aktienverkäufen und Aktienrückkäufen rund um einen Dividendenstichtag. Diese Transaktionen werden genutzt, damit ausländische Besitzer deutscher Aktien dem Kapitalertragsteuerabzug von 15 % entgehen können: Der ausländische Anteilseigner überträgt seine Aktien zunächst kurz vor dem Dividendenstichtag auf einen Dritten, der dann die Dividende bezieht. Kurz nach der Ausschüttung erwirbt der Anteilseigner die Aktien samt Dividende zurück. Der Dritte lässt sich die auf die Dividende abzuführende Kapitalertragsteuer anrechnen und teilt diese Steuerersparnis mit dem ausländischen Anleger.

Bislang hatte das BMF lediglich erklärt, dass mit der Einbuchung der Wertpapiere in das Depot des Entleihers von einem Übergang des zivilrechtlichen - und grundsätzlich auch des wirtschaftlichen - Eigentums auszugehen ist. In seinem neuen Schreiben hat das BMF diese Aussage nun überarbeitet und erklärt, dass Wirtschaftsgüter zwar grundsätzlich dem (zivilrechtlichen) Eigentümer zuzurechnen sind, hiervon jedoch abzuweichen ist, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die tatsächliche Sachherrschaft über die Aktien ausübt. Bei Cum/Cum-Gestaltungen geht das zivilrechtliche Eigentum an den Aktien demnach zwar auf den Entleiher über, allerdings bewirken die anlässlich der Transaktion abgeschlossenen Verträge und die Art ihres Vollzugs, dass das wirtschaftliche Eigentum nicht auf den zivilrechtlichen Eigentümer der Aktien übergeht. Denn es erfolgt kein endgültiger Übergang der Chancen und Risiken, die mit dem Eigentum an den Wertpapieren üblicherweise verbunden sind. Der Empfänger der Aktien trägt keine Kursrisiken.

Bei Cum/Cum-Gestaltungen muss neben der Frage der Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums zudem geprüft werden, ob ein Gestaltungsmissbrauch vorliegt. Die Umgehung von Kapitalertragsteuer ist missbräuchlich und führt zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil. In der Folge muss der Sachverhalt so beurteilt werden, als ob eine angemessene rechtliche Gestaltung gewählt worden wäre.

Alle Steuerzahler

Jahresendspurt 2021: Steuerersparnis durch Kostensteuerung

In den letzten Monaten des Jahres können Steuerzahler noch einige wichtige Weichen stellen, um ihre Einkommensteuerbelastung für 2021 zu senken:

  • Werbungskosten: Das Finanzamt gewährt jedem Arbeitnehmer eine Werbungskostenpauschale in Höhe von 1.000 €. Diesen Betrag zieht es automatisch vom Arbeitslohn ab, sofern keine höheren Kosten nach­gewiesen werden. Macht der Arbeitnehmer jedes Jahr konstant berufliche Kosten von bis zu 1.000 € geltend, erzielt er dadurch also keinen steuerlichen Mehrwert. Es lohnt sich daher häufig, berufliche Kosten jahresweise zu bündeln, damit die 1.000-€-Grenze in einem Jahr übersprungen wird (und die Kosten sich somit steuermindernd auswirken), während dann in einem anderen Jahr der Pauschbetrag greift. Wer diese Strategie umsetzen will, sollte noch vor dem Jahreswechsel sämtliche beruflichen Kosten zusammenrechnen, die in 2021 entstanden sind und voraussichtlich noch anfallen werden.
  • Außergewöhnliche Belastungen: Selbstgetragene Kosten für ärztliche Behandlungen, Krankenhaus­aufenthalte, Medikamente, Brillen und Hörgeräte können als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden. Bevor sich diese Kosten steuermindernd auswirken, bringt das Finanzamt aber eine sogenannte zumutbare Belastung in Abzug. Weil diese in jedem Jahr aufs Neue übersprungen werden muss, sollten Steuerzahler ihre Krankheitskosten – genau wie Werbungskosten – möglichst jahresweise bündeln, um einen steueroptimalen Abzug zu erreichen. Zwar ist in der Regel nicht planbar, wann Krankheitskosten anfallen, ein paar Einflussmöglichkeiten haben Steuerzahler aber doch: Zunächst sollten sie sämtliche Krankheitskosten zusammenrechnen, die in 2021 bereits angefallen sind. Ergibt die Berechnung, dass die zumutbare Belastung für das auslaufende Jahr bereits überschritten ist, können sie noch schnell nachlegen und beispielsweise noch eine Brille kaufen. Ergibt die überschlägige Berechnung, dass in 2021 bisher nur wenige oder noch gar keine außergewöhnlichen Belastungen angefallen sind, kann es sinnvoll sein, die Kosten auf 2022 zu verschieben, damit sie dann die Hürde der zumutbaren Belastung überspringen.
  • Handwerkerleistungen: Eine völlig andere Strategie sollten Steuerzahler bei Handwerkerleistungen verfolgen. Da bei diesen Kosten ein Höchstbetrag gilt, sollten sie möglichst gleichmäßig über die Jahre verteilt werden. Private Haushalte dürfen Lohnkosten für Handwerker mit 20 % von der tariflichen Einkommensteuer abziehen. Da das Finanzamt Lohnkosten bis 6.000 € pro Jahr anerkennt, beträgt die maximal erzielbare Steuerersparnis 1.200 €. Eine Steuerersparnis kurz vor Jahresende ist möglich, wenn Steuerzahler die Höchstbeträge für 2021 noch nicht komplett ausgeschöpft haben. In diesem Fall können sie vor Silvester noch offene Handwerkerrechnungen begleichen oder ausstehende Reparaturen in Auftrag geben und bezahlen.

Hausnotrufsystem: Als haushaltsnahe Dienstleistung absetzbar

Um etwa bei einem Treppensturz schnell Hilfe anfordern zu können, haben viele Senioren in ihrem Haushalt ein Hausnotrufsystem installiert. In der Regel genügt ein Knopfdruck auf einen Funksender und schon wird eine externe Notrufzentrale informiert. Eine vom Bund der Steuerzahler unterstützte Musterklage hat nun in erster
Instanz ergeben, dass die Kosten für ein Hausnotrufsystem als haushaltsnahe Dienstleistung geltend gemacht werden können. Im zugrundeliegenden Fall lebte die 1939 geborene Klägerin allein in ihrem Haushalt und nutzte ein Hausnotrufsystem, dessen Kosten sie in ihrer Einkommensteuererklärung als haushaltsnahe Dienstleistung geltend machte. Das Finanzamt verwehrte ihr den Steuerabzug und erklärte, dass derartige Kosten nur absetzbar seien, wenn der Steuerzahler im Heim wohne. Doch das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) gab der Seniorin recht und erkannte 20 % der Kosten steuermindernd an.

Hinweis: Das FG hat die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen. Es ist zu erwarten, dass das Finanz­amt das Urteil nun vom BFH überprüfen lässt, da bereits ein weiteres Revisionsverfahren zu dieser Thematik anhängig ist.

Zahlungstermine Steuern und Sozialversicherung

10.11.2021 (15.11.2021*)

Umsatzsteuer
(Monatszahler)

Lohnsteuer mit SolZ u. KiSt
(Monatszahler)

15.11.2021

Gewerbesteuer

Grundsteuer

26.11.2021

Sozialversicherungsbeiträge

 

(*) Letzter Tag der Zahlungsschonfrist, nicht für Bar- und Scheckzahler. Zahlungen mit Scheck sind erst drei Tage nach dessen Eingang bewirkt.

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