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Das Aktuelle für Ärzte & Heilberufe - Ausgabe 3/21

Hintergrunddienste in der Klinik: Wie ist diese Tätigkeit zu vergüten?

Wie der Hintergrunddienst eines Klinikarztes zu vergüten ist und ob dabei der Umfang der vom Arbeitgeber angeordneten Aufenthaltsbeschränkung eine Rolle spielt, musste im Folgenden das Bundesarbeitsgericht (BAG) entscheiden.

Maßgeblich ist hier, was der Arbeitgeber von seinem Angestellten verlangt: Verlangt die Klinik von dem Arzt, einen dienstlichen Telefonanruf anzunehmen und damit die Arbeit unverzüglich aufzunehmen (ohne eine konkrete zeitliche Vorgabe), ist damit keine räumliche Aufenthaltsbeschränkung verbunden, es liegt nur eine Rufbereitschaft vor. Wenn die Klinik hingegen vom Arzt verlangt, dass er den Dienst in einem bestimmten Zeitraum beginnen muss, nachdem er gerufen wurde, ist damit eine räumliche Begrenzung verbunden. Der Arzt kann sich dann nicht wie in seiner Freizeit bewegen, sondern muss sich in der Klinik oder in einem bestimmten Umkreis um die Klinik aufhalten. Dann liegt ein höher zu vergütender Bereitschaftsdienst vor.

Im Urteilsfall ging es um die weiteren Lohnansprüche eines angestellten Oberarztes, der für seine Hintergrunddienste ein weiteres Gehalt von rund 40.000 € forderte. Das BAG kam zwar zu dem Ergebnis, dass die Klinik die vom Kläger geleisteten Hintergrunddienste gar nicht hätte anordnen dürfen. Denn die Anordnung von Rufbereitschaft ist dem Arbeitgeber untersagt, wenn der Arzt erfahrungsgemäß statt bloßer Rufbereitschaft regelmäßig arbeiten muss, also nicht lediglich in Ausnahmefällen. Hier lag der Fall aber so, dass in rund der Hälfte der Hintergrunddienste des Oberarztes dieser auch tatsächlich Patienten auf der Station behandeln musste.

Gleichwohl führe dies nicht zu der vom Oberarzt begehrten höheren Vergütung. Ein bestimmter Arbeitsleistungsanteil sei nach dem Tarifvertrag weder dem Bereitschaftsdienst noch der Rufbereitschaft begriffsimmanent. Die Tarifvertragsparteien hätten damit bewusst für den Fall einer tarifwidrigen Anordnung von Rufbereitschaft keinen höheren Vergütungsanspruch vorgesehen. Das BAG hob daher das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln auf, das dem Oberarzt eine höhere Vergütung zugesprochen hatte.

Hinweis: Der Tarifvertrag spricht dem Arzt also selbst bei einer tarifwidrigen Anordnung der Rufbereitschaft keinen Gehaltsausgleich zu. Angestellte Oberärzte können sich gegen dieses für sie unangenehme Ergebnis schützen, indem sie einen außertariflichen Dienstvertrag abschließen. Darin können die Hintergrunddienste, Rufbereitschaften, Bereitschaftsdienste und deren Entlohnung und Erfassung individuell ausgehandelt werden.

Steuerpflicht bei Krankentransporten und Beförderungen zur Tagespflege

Fahrzeuge, die ausschließlich zur Krankenbeförderung verwendet werden, sind von der Kfz-Steuer befreit. Der Bundesfinanzhof (BFH) ist in einem aktuellen Urteil der Frage nachgegangen, wann eine Krankenbeförderung „ausschließlich“ in diesem Sinne erfolgt. Das beklagte Hauptzollamt hatte einem Betrieb der Krankenbeförderung zuvor die Steuerbefreiung aberkannt. Das Unternehmen hatte Personen zu Dialysebehandlungen, zu Strahlen- und Chemotherapien, von stationären Klinikaufenthalten nach Hause sowie zu Reha-Einrichtungen gefahren. Jeder Beförderung lag eine ärztliche Verordnung zugrunde.

Das Hauptzollamt vertrat die Ansicht, dass die Fahrzeuge nicht „ausschließlich“ zur Krankenbeförderung verwendet wurden, da die Patienten nach ihren Behandlungen und Aufenthalten auch zurück nach Hause befördert wurden. Die konkrete Argumentation, die selbst bei Steuerlaien für ein Stirnrunzeln sorgen sollte: Auf den Rückfahrten würden keine Kranken mehr befördert, denn nach einer Dialyse sei das Blut der Fahrgäste schließlich gereinigt. Auch nach Krankenhaus- oder Reha-Aufenthalten würden gesunde Menschen befördert.

Wie zu erwarten war, ließ sich der BFH von dieser doch recht lebensfremden Sichtweise nicht leiten. Die Bundesrichter gestanden dem Unternehmen die Kfz-Steuerbefreiung zu und urteilten, dass bereits die vorliegenden ärztlichen Verordnungen genügten, um die Steuerbefreiung nachzuweisen. Für eine künstliche „Aufsplittung“ von Hin- und Rückfahrten sah der BFH hier keinen Raum. Des Weiteren stellte das Gericht klar, dass für die Steuerbefreiung von Krankenbeförderungen nicht gefordert werden dürfe, dass das Fahrzeug ausschließlich für dringende Soforteinsätze (Notfalleinsätze) genutzt werde. Auch sei nicht erforderlich, dass während der Beförderung eine fachgerechte Betreuung der Insassen erfolge.

Hinweis: In einem weiteren Urteil vom selben Tag entschied der BFH, dass Beförderungen zur Tagespflege nicht als Krankenbeförderungen steuerfrei bleiben können. Entscheidend war hier, dass in den Einrichtungen lediglich betreuende Maßnahmen und keine medizinischen Behandlungen erbracht wurden.

Regionale Bindung von Hausärzten: Sti­pendien steuerpflichtig?

Um die ambulante ärztliche Versorgung in bestimmten Gebieten sicherzustellen, werden junge Ärztinnen und Ärzte mitunter mit Stipendien angeworben, um sich bei ihrer Berufsausübung zeitlich befristet an eine bestimmte Region zu binden.

Wann derartige Stipendien steuerfrei bezogen werden können, hat nun der Bundesfinanzhof (BFH) geklärt. Zu beurteilen war ein Stipendium über 15.000 €, das die „Stiftung zur Förderung der ambulanten ärztlichen Versorgung im Freistaat Thüringen“ einer Ärztin während ihrer Facharztausbildung gewährt hatte. Durch dieses sogenannte Thüringen-Stipendium sollte die Medizinerin an eine Niederlassung im Freistaat Thüringen gebunden werden. Konkret sah der Fördervertrag vor, dass sich die Stipendiatin verpflichtet, nach ihrer Facharztprüfung für mindestens vier Jahre als Hausärztin an der vertragsärztlichen Versorgung in Thüringen teilzunehmen.

Der BFH hat entschieden, dass das Stipendium steuerfrei bezogen werden kann. Es lagen nach Gerichtsmeinung keine Lohneinkünfte vor, da die Zahlung nicht für ein gegenwärtiges oder zukünftiges Dienstverhältnis der Klägerin geleistet worden war. Auch eine Besteuerung als Gewinn aus selbständiger Arbeit schied aus, da die Zahlung nicht in Zusammenhang mit einem ersten freiberuflichen Tätigwerden stand. Anders als die Vorinstanz meinte, musste das Stipendium nach Ansicht des BFH auch nicht als sonstige Leistung versteuert werden.

Hinweis: Eine sonstige Leistung ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann und eine Gegenleistung auslöst.

Die Vorinstanz hatte entschieden, dass die Leistung für ein „Tun“ gezahlt wurde, und zwar für die mindestens vierjährige Berufsausübung im Freistaat Thüringen. Auch ein „Unterlassen“ werde honoriert, nämlich in Gestalt des Wettbewerbsverbots, in dieser Zeit nicht außerhalb des Freistaats tätig zu werden. Der BFH urteilte jedoch, dass ein Zusammenhang mit solch einem „Tun“ bzw. „Unterlassen“ bei dem Stipendium nicht gegeben sei, da es nach dem Fördervertrag bereits gezahlt werde, wenn lediglich die Bereitschaft bzw. Verpflichtung zur zukünftigen Berufsausübung im Freistaat Thüringen erklärt werde. Die zukünftige Berufsausübung selbst sei nicht der Grund für die Zahlung, sie spiele erst eine Rolle, wenn später das „Behaltendürfen“ der Einmalzahlung zu beurteilen sei.

Hinweis: Das Urteil zeigt, dass es für die steuerliche Einordnung eines Stipendiums auf die konkreten Bedingungen im Fördervertrag ankommt. Hierbei muss insbesondere in den Blick genommen werden, wofür das Stipendium genau gewährt wird.

Dienstleistungen von Apotheken umsatzsteuerfrei?

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat am 12.03.2021 ein Schreiben zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Dienstleistungen durch Apotheken herausgegeben. Danach sind nunmehr zwei Dienstleistungen durch Apotheken umsatzsteuerfrei. Das betrifft Modellvorhaben für Grippeschutzimpfungen und den Sichtbezug von Substitutionsmitteln in der Apotheke. Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass ist in diesem Zusammenhang angepasst worden.

Die Leistungen von Ärzten und anderen Heilberuflern sind von der Umsatzsteuer befreit. Die Umsätze von Apotheken unterliegen dagegen der Umsatzsteuer. Neben dem Handel mit Arzneimitteln erbringen die Apotheken jedoch vermehrt Dienstleistungen.

Mit der Dritten Verordnung zur Änderung der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung vom 22.05.2017 wurde zum 30.05.2017 die Überlassung von Substitutionsmitteln durch Apotheken an den Patienten zum unmittelbaren Verbrauch geregelt. Zudem wurde durch Anpassungen des sogenannten Masernschutzgesetzes vom 10.02.2020 zum 01.03.2020 die Möglichkeit zur Durchführung von Grippeschutzimpfungen in Apotheken geschaffen.

Bislang gab es keine rechtliche Grundlage für eine Umsatzsteuerbefreiung derartiger Dienstleistungen. Das BMF nimmt in seinem aktuellen Schreiben auf diese Entwicklung Bezug und ergänzt den Katalog der Erbringer umsatzsteuerfreier heilberuflicher Tätigkeiten um die beiden Dienstleistungen der Apotheker im Umsatzsteuer-Anwendungserlass entsprechend.

Hinweis: Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für Umsätze, die vor dem 01.04.2021 ausgeführt worden sind, wird es jedoch nicht beanstandet, wenn der Unternehmer seine Leistungen umsatzsteuerpflichtig behandelt.

MVZ: Haftet der Ärztliche Leiter bei fehlerhafter Abrechnung?

Ob für Verstöße gegen vertragsärztliche Pflichten (z.B. Doppelabrechnung oder fehlerhafte Dokumentation von Leistungen) von angestellten Ärzten eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) dessen Ärztlicher Leiter auch disziplinarrechtlich verantwortlich ist, musste im Folgenden das Sozialgericht München (SG) beantworten.

Ein MVZ betrieb zwei Praxen an zwei Standorten und war dabei als Praxisgemeinschaft angemeldet. Die zuständige Kassenärztliche Vereinigung (KV) stellte folgende Verstöße gegen vertragsärztliche Pflichten fest:

  • nicht plausible Doppelbehandlung von Patienten an beiden Standorten,
  • gleichzeitiges Einlesen der Versicherungskarten an beiden Standorten,
  • fehlende Dokumentation der 30-minütigen Überwachung als obligater Leistungsinhalt.

Das MVZ musste daher Honorar zurückzahlen. Die KV erlegte dem Ärztlichen Leiter des MVZ zudem eine Geldbuße von 8.000 € auf. Dagegen klagte der Ärztliche Leiter vor dem SG.

Das SG bestätigte jedoch, dass die Verhängung der Geldbuße gegen den Ärztlichen Leiter rechtmäßig war. Denn verantwortlich für Fehler bei der Abrechnung und bei Verletzungen der vertragsärztlichen Pflichten sei in einem MVZ stets der Ärztliche Leiter. Die beiden MVZ seien zudem rechtsmissbräuchlich vorgegangen und hätten die Gestaltungsform der Praxisgemeinschaft rechtsmissbräuchlich verwendet.

Es ist zwar fraglich, ob diese Rechtsprechung sich durchsetzen wird. Denn das Bundessozialgericht ließ die Frage offen, ob der Ärztliche Leiter - neben der Gesamtverantwortung gegenüber der KV - auch die Verantwortung für die Honorarabrechnung trägt. Sicherheitshalber sollte aber in Anbetracht dieses Urteils jeder Ärztliche Leiter berücksichtigen, dass diese Tätigkeit auch mit einer disziplinarrechtlichen Verantwortung verbunden sein kann.

Hinweis: Der Ärztliche Leiter trägt die Verantwortung für die Steuerung der ärztlichen Betriebsabläufe, für die Auswahl und für den Einsatz der Ärzte, woraus sich auch eine (Mit-)Verantwortung für die Ausgestaltung der Verträge der angestellten Ärzte ergibt. Zudem hat der Ärztliche Leiter des MVZ die Verantwortung dafür, dass die mit den Quartalshonorarabrechnungen abzugebenden Abrechnungssammelerklärungen korrekt sind.

Unerlaubte Zuwendung: Darf ein Arzt das Haus eines Patienten kaufen?

Das Verwaltungsgericht Berlin (VG) hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob bei einem Arzt-Patienten-Verhältnis eine unerlaubte Zuwendung vorliegt, wenn der Arzt von einer Patientin ein Haus kauft.

Ein Berliner Arzt behandelt seit 16 Jahren eine Patientin, die ein stark renovierungsbedürftiges Haus in Berlin besaß. 2017 zog diese Patientin in ein Pflegeheim, ein Jahr später bot sie das Haus zum Preis von 250.000 € über einen Bevollmächtigten zum Verkauf an. Es meldeten sich der Arzt und ein Nachbar. Die Patientin verkaufte das Haus an den Arzt. Auch als der Nachbar ihr einen höheren Kaufpreis bot, blieb die Patientin bei dieser Entscheidung. Der unterlegene Nachbar beschwerte sich daraufhin bei der Ärztekammer darüber, dass der Arzt das Haus seiner Patientin erworben hatte. Die Ärztekammer leitete ein berufsgerichtliches Verfahren ein, warf dem Arzt vor, er habe nur durch seine Vertrauensstellung zu der Patientin den Zuschlag erhalten und verlangte von dem Arzt schließlich eine Geldbuße. Dagegen wehrte sich der Arzt vor dem Berufsgericht des VG - mit Erfolg.

Zwar sei es Ärztinnen und Ärzten nach der Berufsordnung nicht gestattet, im Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung von Patientinnen und Patienten mehr als geringfügige Geschenke oder andere Vorteile für sich zu fordern, sich versprechen zu lassen oder anzunehmen. Bei wirtschaftlicher Betrachtung sei aber schon kein berufsrechtlich relevanter Vorteil erkennbar, wenn ein Arzt einen Gegenstand von einer Patientin erwerbe und letztlich den von der Patientin geforderten Kaufpreis zahle. Das Gebot des Nachbarn habe wiederum nicht dem marktüblichen Preis entsprochen, weil er ein besonderes Interesse am Erwerb des Grundstücks für seine Mutter gehabt habe.

Verboten wäre es hingegen, wenn der Arzt von einem Patienten ein Haus zu einem günstigen Preis kaufen würde und dem Patienten dann eine wertvolle Behandlung zukommen ließe - wie zum Beispiel eine bestimmte
Impfung, obgleich der Patient nicht entsprechend „an der Reihe“ wäre. Denn dann würde daraus der Eindruck resultieren, der Arzt habe den Patienten wegen dieser Zuwendung behandelt.

Hinweis: Sollten Sie unsicher sein, ob ein Vorgang gegen das Gebot der unerlaubten Zuwendung verstößt, fragen Sie den Anwalt Ihres Vertrauens. Von entsprechenden Anfragen bei der Ärztekammer wird abgeraten, da die Auskunft der Kammer unverbindlich ist und die Anfrage an sich „schlafende Hunde“ wecken könnte.

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