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Das Aktuelle für Ärzte & Heilberufe - Ausgabe 1/23

Steuerfreie Heilbehandlung auch bei nichtbegünstigten Klinikleistungen

Ärztliche Heilbehandlungen sind auch dann umsatzsteuerfrei, wenn sie im Rahmen von Krankenhausleistungen erbracht werden und diese ihrerseits steuerlich nicht begünstigt sind. Das hat das Finanzgericht Schleswig- Holstein (FG) entschieden.

Im Streitfall erbrachte die Klägerin Leistungen im Bereich der ästhetisch-plastischen Chirurgie durch ihren Geschäftsführer und Alleingesellschafter. Unklar war, ob für einen Teil dieser Leistungen, der unstrittig medizinisch indiziert war, die Umsatzsteuerfreiheit in Anspruch genommen werden konnte. Das Finanzamt lehnte dies ab und vertrat die Auffassung, dass die Behandlungen zwar medizinisch indiziert und auch von einem Arzt durchgeführt worden seien, jedoch Leistungen im Rahmen eines Krankenhauses nur noch dann begünstigt sein könnten, wenn auch die Voraussetzungen für begünstigte Krankenhausleistungen vorlägen. Dabei berief es sich auf die ab 2009 geltende Neufassung des § 4 Nr. 14 Umsatzsteuergesetz.

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das FG ließ eine isolierte Betrachtung der ärztlichen Leistungen im Rahmen von nichtbegünstigten Krankenhausleistungen zu: Es könnten ärztliche Heilbehandlungen, die im Rahmen von Krankenhausleistungen erbracht würden, auch dann begünstigt sein, wenn nicht sämtliche Voraussetzungen dieser Befreiungsvorschrift erfüllt seien. Nach Auffassung des FG führt diese Betrachtungsweise zu sachgerechten und mit dem Zweck der Befreiungsvorschriften im Einklang stehenden Ergebnissen. So sei die steuerliche Begünstigung ärztlicher Heilbehandlungen gewährleistet, ohne dass es darauf ankomme, ob der Arzt die Heilbehandlung in seinen Praxisräumen, als Belegarzt in einem Krankenhaus oder im Rahmen eines von ihm selbst verantworteten Krankenhausbetriebs vornehme. Die Senkung der Heilbehandlungskosten komme damit allen Patienten zugute, die eine medizinisch indizierte Leistung in Anspruch nehmen müssten.

Hinweis: Die Revision ist beim Bundesfinanzhof anhängig.

Darf die KV mehrere Plausibilitäts-prüfungen im Quartal durchführen?

Honorarrückforderungen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) sind keine Seltenheit. Das Sozialgericht Magdeburg (SG) hat sich nun mit der Frage beschäftigt, ob Betroffene sich mit einer zweiten Plausibilitätsprüfung im selben Quartal abfinden müssen.

Die KV Hessen stellte Anfang 2008 bei der Plausibilitätsprüfung eines Hausarztes für die Quartale 1/2006 bis 1/2007 eine Überschreitung der Zeitprofile fest. Die KV forderte deswegen rund 5.000 € zurück, ohne sich eine weitere Plausibilitätsprüfung vorzubehalten. 2010 führte die KV eine weitere Plausibilitätsprüfung für das Quartal 4/2005 bis 4/2007 durch. Diesmal prüfte sie, wie viele identische Patienten gemeinsam innerhalb der Praxisgemeinschaft behandelt worden waren. Aufgrund von Patientenidentitäten von rund 50 % forderte sie nochmals rund 10.000 € zurück. Gegen beide Bescheide legte der Arzt Widersprüche ein, die die KV Hessen zurückwies. Der Arzt klagte deshalb gegen die Honorarrückforderungen - und das mit Erfolg.

Das SG führte aus, dass die zweite Honorarrückforderung wegen zu vieler gemeinsam behandelter Patienten für Quartal 1/2006 bis Quartal 1/2007 rechtswidrig und daher aufzuheben ist. Verweist die KV im vorherigen Honorarrückforderungsbescheid aufgrund einer Plausibilitätsprüfung weder auf die Vorläufigkeit noch darauf, dass weitere Plausibilitätsprüfungen folgen könnten, verliert die KV ihr Prüfungsrecht für weitere Plausibilitätsprüfungen. Eine weitere Prüfung verstößt gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Ein Arzt muss grundsätzlich darauf vertrauen können, dass das Verfahren der Plausibilitätsprüfung für bereits geprüfte Quartale abgeschlossen ist und keine weiteren Honorarrückforderungen mehr kommen. Etwas anderes gilt nur, wenn sich die KV weitere Prüfungen vorbehält.

Hinweis: Nicht immer müssen Vertragsärzte die Bescheide der KV hinnehmen. Das SG zeigt mit diesem Urteil, dass es sich lohnen kann, im schlimmsten Fall auch gerichtlich seine Rechte einzufordern.

Begonnene Nachbehandlung hemmt Schadensersatzanspruch

Zu Beginn einer Behandlung muss jeder Patient über die Risiken, Folgen und die Nachbehandlung seines medizinischen Eingriffs informiert werden. Dazu gehören auch die Therapie und die nach der Therapie zu ergreifenden Maßnahmen. Ansonsten kann ein Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld bestehen. Das Oberlandesgericht Dresden entschied jüngst, dass ein Patient, der selbständig zur Nachbehandlung erscheint und diese sodann auch begonnen wird, sich nicht auf eine ungenügende Sicherungsaufklärung berufen kann.

Im vorliegenden Fall klagte eine Patientin nach einer gynäkologischen Operation, bei der die Gebärmutter und der linke Eileiter entfernt wurden, auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Sie behauptete, nicht genügend über die Risiken, die gesundheitlichen Folgen der Operation und die darauffolgende Nachbehandlung aufgeklärt worden zu sein. Die Patientin begab sich jedoch selbständig nach der OP in die entsprechende ambulante Behandlung.

Das Gericht stellte im Laufe des Verfahrens keine Versäumnisse bei der Aufklärung der Patientin fest, die Klage auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wurde folglich abgewiesen. Die Beklagtenseite konnte durch einen ausgehändigten schriftlichen Aufklärungsbogen beweisen, dass sie die Patientin über die Risiken der Behandlung aufgeklärt hatte. Es müsse umgekehrt auch keine über das tatsächliche medizinische Risiko hinausgehende „schonungslose“ Aufklärung bei einer relativ indizierten Operation aus Rechtsgründen erfolgen. Ausreichend sei, wenn der Patientin ein zutreffendes Bild über die Risiken und Folgen des Eingriffs vermittelt werde. Ein Anspruch wegen unzureichender Sicherungsaufklärung scheidet überdies aus, wenn bereits eine Nachbehandlung begonnen wurde.

Hinweis: Der vorliegende Fall macht deutlich, wie wichtig detaillierte Aufklärungsbögen sind, die auch von den Patienten unterschrieben werden. Sie dienen nicht nur der Sicherheit und Aufklärung des Patienten, sondern können im Streitfall den Nachweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung darstellen.

Aufklärungsformulare: Verharmlosung von Risiken?

Der Bundesgerichtshof (BGH) setzte sich in einem aktuellen Beschluss damit auseinander, ob und wie Risiken einer Operation oder von Behandlungen auf einem Aufklärungsformular dargestellt bzw. verharmlost werden dürfen. Im konkreten Fall bestand ein bis zu fünfzigprozentiges Risiko für eine bleibende Störung.

Eine Frau ließ sich wegen eines Hirntumors in einer Klinik operieren. Nach der Operation erhob sie Arzthaftungsklage gegen die Klinik wegen einer falschen Aufklärung. Es sei ein falsches Aufklärungsformular verwendet worden; unter anderem wurden die lebensbedrohlichen Risiken zwar ausdrücklich benannt, im Folgenden aber wieder verharmlost. Im Formular hieß es, die Komplikationen würden die Ausnahme bilden - und wenn sie auftreten sollten, dann könnten sie sich im Laufe der Zeit zurückbilden. Nur selten komme es zu schweren bleibenden Störunge. Der Arzt habe zwar die einzelnen Risiken unterstrichen und somit hervorgehoben, nicht jedoch die Möglichkeit der schweren und lang anhaltenden Folgen der Operation. Bei richtiger Aufklärung hätte die Klägerin eine zweite ärztliche Meinung eingeholt.

Der BGH sah die Klage der Patientin als begründet an. Nach seiner Auffassung ist das bei einer solchen Hirnoperation tatsächlich bestehende Risiko eines neurologischen Defizits mit den verwendeten Begriffen „Ausnahme“, „selten“ oder „wird sich zurückbilden“ unzutreffend beschrieben. Nach ständiger Rechtsprechung kommt ein Arzt seiner Aufklärungspflicht insbesondere dann nicht nach, wenn eine unzutreffende Darstellung der Risikohöhe eine falsche Vorstellung über das Ausmaß der mit der Behandlung verbundenen Gefahr hervorruft und damit ein verhältnismäßig häufig auftretendes Operationsrisiko verharmlost.

Hinweis: Dass in Aufklärungsformularen zwar konkrete Risiken und Gefahren ausdrücklich benannt, jedoch an anderer Stelle wieder eingeschränkt und damit verharmlost werden, ist in der Praxis häufig anzutreffen. Kliniken und Ärzte, die solche Formulare verwenden, sollten diese gegebenenfalls entsprechend anpassen. Wesentliche Risiken sollten noch einmal handschriftlich auf dem Formular festgehalten oder hervorgehoben werden. Maßgeblich bleibt jedoch immer noch das Aufklärungsgespräch - ein Formular dient in den meisten Fällen lediglich dafür, um festzuhalten, dass über bestimmte Punkte gesprochen wurde.

Kind in Facharztausbildung löst keinen Kindergeldanspruch aus

Eltern erhalten für ein volljähriges Kind noch bis zu dessen 25. Geburtstag Kindergeld, wenn das Kind während dieser Zeit noch für einen Beruf ausgebildet wird. Wird eine solche Berufsausbildung innerhalb eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses absolviert, wird diese nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kindergeldrechtlich nur anerkannt, wenn der Ausbildungscharakter im Vordergrund steht und nicht die Erbringung bezahlter Arbeitsleistung (dies wäre der Erwerbscharakter).

Unter Rückgriff auf diese Grundsätze hat der Bundesfinanzhof (BFH) jetzt entschieden, dass für ein volljähriges Kind kein Kindergeldanspruch mehr besteht, wenn es sich in einer Vorbereitungszeit zur Erlangung der Facharztqualifikation befindet. Im Entscheidungsfall hatte eine volljährige Tochter im Dezember 2020 ihr Medizinstudium abgeschlossen und im Januar 2021 eine Facharztweiterbildung (Weiterbildung zur Kinderärztin) mit einer regelmäßigen Arbeitszeit in einer Klinik von 42 Stunden wöchentlich angenommen. Die Weiterbildung sollte mindestens 60 Monate andauern.

Die Familienkasse erkannte der Mutter den Kindergeldanspruch für die Zeit der Facharztweiterbildung ab und vertrat den Standpunkt, dass die Tochter in dieser Zeit keine Berufsausbildung im kindergeldrechtlichen Sinne mehr absolvierte, da der Erwerbscharakter überwog. Der BFH folgte dieser Einschätzung und entschied, dass bei Gesamtbetrachtung des Dienstverhältnisses der Ausbildungscharakter hinter den Erwerbscharakter zurückgetreten war. Die Tochter hatte in der Klinik bereits ihre Qualifikation als Ärztin eingesetzt. Die reinen Ausbildungsinhalte hatten sich zudem auf ein jährliches Gespräch mit dem anleitenden Arzt sowie Weiterbildungskurse von 80 Stunden (verteilt über 60 Monate) beschränkt. Auch aus der Weiterbildungsordnung ergab sich, dass die ärztliche Tätigkeit weit stärker im Vordergrund stand als die Ausbildung.

In dem Besprechungsfall sollte die Qualifikation zur Fachärztin ganz überwiegend aufgrund der praktischen Erfahrung aus der ärztlichen Tätigkeit und nur in geringerem Umfang durch die Vermittlung von theoretischem Wissen und Methodenkompetenz erworben werden. Hinzu kam, dass die junge Ärztin ihrem Arbeitgeber ihre ärztliche Arbeitsleistung schuldete und die Entlohnung kein bloßes Ausbildungsgehalt war.

Midijobber: Neue Verdienstgrenzen und die Sozialversicherung

Um Sozialversicherungsbeiträge im Niedriglohnsektorgering zu halten, können Arbeitnehmer im Rahmen sogenannter Midijobs beschäftigt werden. In Deutschland waren im Jahr 2020 insgesamt drei Millionen Arbeitnehmer als Midijobber eingruppiert. Bei diesen Beschäftigungsverhältnissen musste das Arbeitsentgelt bislang zwischen 450,01 € und 1.300,00 € pro Monat betragen (sogenannter Übergangsbereich), damit der Arbeitnehmer nur einen reduzierten Beitragsanteil zur Sozialversicherung zahlen musste.

Mit der allgemeingültigen Anhebung des Mindestlohns zum 01.10.2022 auf 12 € je Stunde verschieben sich die monatlichen Verdienstgrenzen für Mini- und folglich auch für Midijobber. Seitdem liegt der Übergangsbereich für Midijobber zwischen 520,01 € und 1.600,00 €. In dieser Zone steigen die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung jetzt neuerdings von 0 % (statt bisher 10 %) bis zum regulären Arbeitnehmerbetrag von derzeit rund 20 % stufenweise an. Im unteren Übergangsbereich werden Midijobber also mit reduzierten Sozialversicherungsbeiträgen entlastet. Somit soll der Sprung vom sozialversicherungsfreien Minijob zum Midijob leichter fallen, da das Gehaltsplus nicht durch Sozialversicherungsbeiträge aufgezehrt wird. Von der Ausweitung der Obergrenze auf 1.600 € profitieren sehr viele Angestellte in Teilzeit, deren Arbeitsentgelt meist eher gering ausfällt.

Rutscht das Monatsgehalt aufgrund der neuen Mindestlohnregelung über die neue Untergrenze von 520,01 €, so ändert sich am Versicherungsstatus nichts. Allerdings kann dies bei bestehenden Midijobbern, die bisher mehr als 450 €, aber weniger als 520 € verdient haben und damit unter der neuen Untergrenze bleiben, zu einem Problem werden. Sie würden aufgrund des neuen Grenzwerts zum Monatsanfang vom sozialversicherungspflichtigen Midijob in den sozialversicherungsfreien Minijob fallen. Um dem vorzubeugen, hat die Bundesregierung einen Bestandsschutz bis zum 31.12.2023 eingeführt: Für die nächsten 15 Monate bleibt der Versicherungsschutz in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung in der Regel bestehen. Änderungen gibt es erst dann, wenn der Wechsel in die Familienversicherung möglich ist. Arbeitsverträge müssen demnach erst zum 01.01.2024 an die neue Verdienstuntergrenze angepasst werden, wenn der Versicherungsschutz weiterhin bestehen bleiben soll. Der Rentenversicherungsschutz ist davon nicht berührt, da Minijobs ebenfalls rentenversicherungspflichtig sind.

Hinweis: Neu ist, dass sich die bisherigen Midijobber, die jetzt zu Minijobbern geworden sind, auf eigenen Wunsch von der Sozialversicherungspflicht befreien lassen können. Das sollte jedoch ein wohlüberlegter Schritt sein, denn damit entfällt nicht nur der Bestandsschutz, sondern auch die Ansprüche auf Leistungen aus den Sozialversicherungen. Von der Rentenversicherung können sich die Beschäftigten fortan ebenfalls - wie jeder Minijobber - auf Antrag befreien lassen.

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